Vom Pilgern und Weitwandern
Pilgern ist meine Leidenschaft!
2010 zog es mich zum ersten Mal auf einen Camino – den nordspanischen Küstenweg. 1.100 km marschierte ich durch den spanischen Frühling von Hendaye (gerade noch in Frankreich gelegen) über Bilbao, Gijon, Ribadeo nach Santiago de Compostela und weiter nach Finisterre und Muxia.
2011 wanderte ich mit meiner Frau von Santiago nochmals nach Finisterre und Muxia.
2013 war ich auf dem oststeirischen Jakobsweg unterwegs, der durch eine wunderschöne Hügel- und Berglandschaft von Thal bei Graz (Geburtsort von Arnold Schwarzenegger) bis Lavamünd in Kärnten führt.
2016 stand dann wieder Küstenwandern am Programm. Angeblich als erster deutschsprachiger Pilger (lt. den Aufzeichnungen des Facebook-Forums „Jakobsweg-Caminho Português (Das Original(!) seit 2012)“, geleitet vom Engel der portugiesischen Caminhos, Anne Chantal), wanderte ich von Lissabon direkt am Meer bis Porto (Trilho das Areias) und weiter nach Santiago de Compostela.
2023 war es dann wieder so weit – als leidenschaftlicher Küstenentlangmarschierer habe ich mir wieder eine Strecke ausgesucht, bei der ich direkt am Atlantik entlang pilgern kann, nämlich in Südportugal von Lagos aus über die Rota Vicentina an der traumhaft schönen Algarveküste bis Sines und dann weiter am Tejo-Weg von Lissabon nach Fatima.
Pilgern macht glücklich!
Was ist Pilgern? Laut Definition ist Pilgern das Wandern zu einem heiligen Ort. Also ist mein Weitwanderweg von Lagos über die Rota Vicentina, den Fischerweg (Fishermen’s Trail) und die historische Variante, nach Sines auch schon eine Pilgerschaft. Denn dann bin ich weiter über Lissabon am Tejo entlang nach Fatima gepilgert. Und dieses Fatima war schon mein Ziel, als ich in Faro, in Südportugal gelandet bin und mit dem Bus nach Lagos gefahren bin.
Ich war also schon auf der Rota Vicentina als Pilger unterwegs. Wie 2010 in Spanien, auf meinem ersten Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Peregrinos heißen wir Pilger übrigens auf Spanisch und auf Portugiesisch.
Mein Pilgerweg führte mich damals von Hendaye, grad noch in Frankreich gelegen, über den nordspanischen Küstenweg, den Camino del Norte, über San Sebastian, Bilbao, Gijon immer am Meer entlang bis Ribadeo, dann musste ich den Atlantik verlassen und pilgerte in das Landesinnere bis Santiago de Compostela. „Ich bin dann mal weg“ – dieses Buch von Hape Kerkeling habe ich verschlungen, und genau dieses „Ich bin dann mal weg“-Gefühl habe ich damals zum ersten Mal verspürt. Hape Kerkeling war auf dem „normalen“ spanischen Jakobsweg unterwegs, dem Camino Frances. Ich bin aber ein leidenschaftlicher Küstenentlangmarschierer und wollte mir außerdem auch eventuell überfüllte Herbergen und Quartiere ersparen – daher suchte ich mir eine Alternative zu diesem Jakobsweg, die ich im Caminho del Norte fand.
Ich bin großteils allein gepilgert, genau so wie ich es liebe, meist mit dem Atlantik in Sichtweite,. Es ging über Steilküsten und durch Fischerdörfer und ich weiß, dieser erste Pilgerweg wird ewig in meinen Erinnerungen bleiben. Vor allem die Ankunft in Santiago de Compostela, in dem Ort, von dem ich schon so lange geträumt hatte, ist ganz tief in meiner Seele gespeichert und ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich an den Moment zurückdenke, an dem ich zum ersten Mal die Kathedrale vor mir gesehen habe. Tränen voll Stolz, Demut und Dankbarkeit flossen wie kleine Gebirgsbäche aus meinen Augen – Pilgern macht glücklich! Davon bin ich felsenfest überzeugt.
Wer einmal auf einem Pilgerweg unterwegs ist und vom Pilgervirus befallen wurde, der kommt immer wieder zurück. Aber es hat doch einige Jahre gedauert, bis ich wieder bereit war, für eine neue Pilgerschaft. Die pilgerlose Zeit konnte ich mir aber ganz gut vertreiben, denn 2011 habe ich im Leykam-Verlag mein erstes Reisebuch Himmel, Herrgott, Meer, Musik veröffentlicht. Pilgern soll ja auch Spaß machen, und diesen Spaß habe ich versucht, in meinem ersten Pilgerbuch zu vermitteln. Und – was soll ich sagen – anscheinend ist es gut angekommen, denn „Himmel, Herrgott, Meer, Musik“ ist ein kleiner Bestseller geworden und mittlerweile in der 4. Auflage verfügbar (Stand 2024). Mit dem gleichnamigen Reisevortrag konnte ich diese wunderschöne Variante des Jakobsweges in Österreich, Deutschland und Südtirol bekannt machen.
2016 war es dann wieder so weit, der Pilgervirus ließ mir einfach keine Ruhe. Ich musste wieder raus und wieder hieß es „Ich bin dann mal weg“. Mein Pilgerweg führte mich von Lissabon am Trilho das Areias an der portugiesischen Küste entlang nach Porto und dann am portugiesischen Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Meine Pilgerfreundin Anne Chantal, der Engel der portugiesischen Jakobswege, hat mir diesen Floh ins Ohr gesetzt. Anne ist körperlich sehr eingeschränkt, ist aber mit ihrem Facebook-Pilgerforum Jakobsweg-Caminho Português (Das Original(!) seit 2012) Tag und Nacht für die Pilger im Einsatz. Egal, ob harmlose Fragen nach einem Quartier oder dramatische Rettungsaktionen von verletzten Pilgern – Anne Chantal hat tausende Kontakte zu Behörden, Ämtern, zur Polizei, aber auch zu Krankenhäusern und Ärzten, wenn es mal notwendig sein muss, und sie hilft in ihrer selbstlosen Art bei jedem Problem weiter. Ich kann dieses Pilgerforum „Jakobsweg-Caminho Português (Das Original(!) seit 2012)“ nur wärmstens empfehlen.
Zurück zu meinem portugiesischen Jakobsweg – in den Aufzeichnungen von Annes Forum gab es vor mir noch keinen deutschsprachigen Pilger, der am „Trilho das Areias“ von Lissabon bis Porto und dann weiter am „Camino Portugues Küstenweg“ bis Santiago de Compostela gepilgert ist. Das hat mich natürlich zusätzlich angespornt und so war ich im April und Mai 2016 dann auch wirklich unterwegs und bin von Lissabon bis Santiago de Compostela gepilgert. Luis Freixo, der Erfinder des Weges, hat mir seine GPS-Tracks zur Verfügung gestellt, sie waren eine große Hilfe für mich. Es ging wieder großteils an „meinem“ Atlantik entlang, wieder meist allein durch eine sehr oft unberührte Küstenlandschaft, aber auch über exquisite Golfplätze und durch knietiefe Wasserläufe. Ich liebe das Pilgern, habe ich das schon mal gesagt?
2017 habe ich dann wieder im Leykam-Verlag mein zweites Wanderbuch Himmel, Herrgott, Portugal veröffentlicht. Und dieses Pilgerbuch hat mein erstes Werk noch getoppt, es ist immer noch das einzige Buch über den Trilho das Areias und wurde (Stand 2024) bereits in der 5. Auflage veröffentlicht.
Ja, und 2023 nahm ich mir dann den Süden Portugals vor. Weil ich 2016 von Lissabon aus gestartet bin, wollte ich die Hauptstadt Portugals diesmal als Endpunkt fixieren und über die Rota Vicentina von Lagos aus direkt an der Algarve Küste dort hinwandern. Aber als leidenschaftlicher Peregrino hätte mir dann doch etwas gefehlt. Als Abschluss Vinho Tinto trinken in der Al Fama, der Altstadt im Zentrum Lissabons, und dabei vielleicht auch noch den Fado, die typisch portugiesische Volksmusik, zu hören, ist zwar auch sehr schön, aber für mich gehört zum Pilgern am Ende ein „geistiges Ziel“ dazu. Eine Kathedrale oder Basilika, in der ich dem Herrgott Danke sagen kann für diesen Weg, für meine Familie, für mein ganzes Leben. Und daher habe ich meinen Weitwanderweg etwas ausgeweitet mit einem der bekanntesten Wallfahrtsorte Europas als Ziel, nämlich Fatima. Es gibt viele Pilgerwege nach Fatima, Millionen Wallfahrer besuchen jedes Jahr diesen heiligen Ort, in dem 1917 drei Hirtenkinder die Muttergottes erschienen sein soll. Und so wurde mein Weitwanderweg von Lagos weg ein Pilgerweg, denn Pilgern ist das Wandern zu einem heiligen Ort. Wie ich schon am Anfang erwähnt habe.
Das Wandern oder Pilgern über die Rota Vicentina ist sehr anstrengend, denn es geht oft kilometerlang durch tiefen Sand, und dieses Stapfen geht etwas an die Substanz. Aber die landschaftliche Schönheit der Algarve Küste, die imposanten Steilküsten, verträumten Buchten und idyllischen Fischerdörfer machen das alles wieder wett. „Ich bin dann mal weg“ in seiner schönsten Form. Und ich glaube, ich habe schon erwähnt, wie sehr ich das Pilgern, vor allem am Wasser entlang“ liebe. Ab Lissabon ging es dann in das Landesinnere, aber ich konnte trotzdem weiter am Wasser entlang pilgern. Drei Tage war ich meist direkt am imposanten Tejo-Fluss unterwegs, bis dann meine Pilgerweg durch landwirtschaftlich genutztes Gebiet, durch Felder, Weingärten und Obstgärten nach Fatima führte. Und jetzt weiß ich, dass nicht nur vor der Kathedrale in Santiago de Compostela Tränen fließen können, sondern mir ging es in Fatima ganz genauso.
Um dieses Gefühl und die Magie des Weitwanderns und Pilgerns anderen Menschen weitergeben zu können, habe ich mein drittes Pilgerbuch Himmel, Herrgott, Fatima veröffentlicht – diesmal im größten österreichischen Sachbuchverlag Ueberreuter. Und meine Vorträge über die Rota Vicentina und den Tejo Weg nach Fatima bringen auch mich wieder zurück auf einen der schönsten Wanderwege der Welt!
Pilgern macht glücklich! Davon bin ich heute mehr überzeugt als je zuvor!