7 Pilgertipps – auch für Weitwanderer geeignet 🙂

Pilgertipps von Herbert HirschlerImmer wieder bekomme ich Zuschriften, in denen ich gefragt werden, ob ich nicht ein paar meiner „geheimen“ Pilgertipps preisgeben kann. Natürlich kann ich das – und ich mache das sogar sehr gerne! Denn die sind alles andere als „geheim“! Auch ich war froh, wenn ich von erfahrenen Pilgern ein paar Tipps erhalten habe. Als ich 2010 das erste Mal auf einen Pilgerweg gestartet bin, waren solche Pilgertipps im Internet eher noch Mangelware und ich musste mir vieles selbst erarbeiten. Diese Pilgertipps möchte ich jetzt weitergeben. Was ich aber unter keinen Umständen machen möchte, ist, belehrend zu wirken und zu glauben, dass meine Vorgangsweise die alleinige Wahrheit ist. So wie es hunderte Pilgerwege und genau so viele unterschiedliche Pilgertypen gibt, so gibt es auch hunderte Pilgertipps, die oft auch noch voneinander abweichen. Ich glaube, jeder muss für sich jene Tipps herausfinden, die er für richtig hält. Manche meiner Pilgertipps sollten noch dazu nicht ganz tierisch ernst genommen werden, aber ich denke doch, dass Sie beim Lesen rausfinden, welche Tipps sie beherzigen sollten!

Tipp1 Tipp2 Tipp3 Tipp4 Tipp5 Tipp6 Tipp7


Pilgertipp 1) VERTRAUE IN DICH SELBST!
Du schaffst es!

Alle Wege führen nach Santiago de Compostela

Ich bekomme immer wieder Nachrichten, dass sich viele Leser schon länger mit dem Gedanken getragen haben, pilgern zu wollen. Aber erst durch meine Bücher haben sie den Mut gefasst und es sich zugetraut, für ein paar Wochen den Alltag zu verlassen, Stress und Hektik hinter sich zu lassen und sich auf einen Pilgerweg zu begeben. Wenn es ein etwas schwergewichtiger Schlagertexter schafft, hunderte Kilometer am Meer entlang zu pilgern, dann kann das doch nicht so schwer sein.

Und recht haben sie, genau das ist die wichtigste Voraussetzung: man muss daran glauben, es zu schaffen! Wenn man erst mal auf dem Weg ist, läuft es meist ganz von allein. Man hat zwar am Beginn vielleicht alle Schmerzen der Welt, an Körperstellen, von denen man zuvor nicht mal gewusst hat, dass es sie gibt, aber mit jedem Tag auf Wanderschaft werden diese Wehwehchen kleiner, man genießt jeden Meter, kann sich auf den Weg, das Land und die Menschen einlassen und hat nichts anderes zu tun, als zu wandern und das Leben zu genießen.

Zum Weitwandern und Pilgern braucht man nicht die Kondition eines Marathonläufers, da zählt einfach Durchhaltevermögen und der Glaube daran, dass man sein Ziel erreichen wird. Am Ende einer Pilgerschaft, wenn man z.B. in der Kathedrale von Santiago de Compostela oder in der Basilika von Fatima steht, sind alle Schmerzen vergessen. Da fließen Tränen aus Stolz, Demut und Dankbarkeit, dass man diesen Weg gehen durfte. Zumindest war es bei mir noch jedes Mal so, am Ende meiner Pilgerschaften.


Pilgertipp 2) WOHIN EIGENTLICH?
Such dir einen Pilgerweg, der zu dir passt

Es gibt viele Möglichkeiten, zu pilgern. Durch ganz Europa zieht sich ein Netz an Jakobswegen, die alle eines gemeinsam haben: das Ziel Santiago de Compostela in Nordwest-Spanien.  Man kann also auch von Österreich aus loslegen, genauso wie von Polen, Norddeutschland oder Ungarn. Meine Hauptrouten lagen fast alle in Spanien oder Portugal. Einmal war ich auch in der Heimat unterwegs, am weststeirischen Jakobsweg von Thal bis Lavamünd. Am Stammtisch in Modriach habe ich übrigens genauso wenig verstanden, wie in den Fischerkneipen von Portugal …

Die Auswahl des Weges ist auch abhängig von der Jahreszeit, in der man pilgern möchte. Bei Wegen in Portugal (Fischerweg, Rota Vicentina, Trilho das Areias von Lissabon nach Porto, Fatima-Wege, …), aber auch Caminos wie die Via de la Plate durch Zentralspanien würde ich eindeutig das Frühjahr oder den Herbst empfehlen. Auch am Camino Frances, dem am meist begangenen Jakobsweg durch Nordspanien, würde ich eher vermeiden, im Hochsommer pilgern. Erstens sind in dieser Ferienzeit Hunderttausende unterwegs und es kann nach den Massenwanderungen zu langen Warteschlangen vor den Pilgerherbergen kommen, und zweitens gibt es Strecken wie die Etappen durch die Meseta, eine baumlose Hochebene auf ca. 800 m Seehöhe, wo die kastilische Gluthitze schon viele Pilger verzweifeln ließ.

Ich bin leidenschaftlicher Küstenentlangmarschierer. Am Meer lässt sich auch die Hitze besser ertragen, weil meist ein Luftzug vom Atlantik für angenehmere Temperaturen sorgt. Zentimeterdickes Auftragen von Sonnencreme ist dort ganz wichtig, und mit meinem breitkrämpigen Wanderhut sehe ich aus wie ein Mexikaner mit seinem Sombrero, wenn ich durch die Dünen wackle.

Für Pilgeranfänger würde ich die Strecke von Porto nach Santiago de Compostela empfehlen. Es gibt hier zwei Varianten. Ich bin in 10 Tagen am Caminho da Costa gewandert, also meist wieder direkt am Meer entlang. Es gibt aber auch den Weg durch das Landesinnere, der ungefähr gleich lang ist und mit seiner Infrastruktur und Herbergsdichte vielleicht mehr einem Jakobsweg gleicht. Wenn man für diese Varianten 14 Tage braucht, ist es natürlich auch kein Problem, Quartiere gibt es genug.

Es gibt übrigens keine Vorschriften, wer, wo und wie lange unterwegs ist, auf Pilger- und Weitwanderwegen entscheidet man ganz allein für sich selbst (und die zur Verfügung stehende Zeit), wie man seine Etappen plant und wo man vielleicht ein paar Tage länger bleiben möchte, weil es so viel zu sehen gibt.

Ich muss ehrlich zugeben, vor ein paar Jahren war ich der Meinung, dass ein echter Pilger sein Gepäck selbst tragen muss! Jetzt bin ich altersweise geworden und finde überhaupt nichts mehr dabei, wenn Menschen mit Tagesrucksäcken unterwegs sind und sich die schweren Lasten von den in den letzten Jahren in großer Zahl aus dem Boden gestampften Rucksack-Transportunternehmen von Quartier zu Quartier bringen lassen. Wichtig ist, dass man überhaupt pilgert!

Besonders viele Tagesrucksackträger habe ich auf meinem Weg von Südportugal über die Rota Vicentina und den Tejo-Weg nach Fatima gesehen. Diese Strecke entwickelt sich immer mehr zu einer der besten Alternativen zu den oftmals überfüllten Jakobswegen. Vor allem den Fischerweg, der von Lagos aus über die Algarve nach Sao Torpes führt, kann ich uneingeschränkt empfehlen. Ich weiß seit meiner Wanderung 2023, warum er zu den schönsten Wanderwegen der Welt zählt. Auf manchmal auch tieferen Sandwegen marschiert man 250 km meist direkt an der Atlantikküste, auf Pfaden, auf denen die einheimischen Fischer zum Meer gelangen. Ich habe in meinen bisher 2.500 Küstenkilometern noch nie zuvor derart eindrucksvolle Felsformationen, verträumte Buchten, endlose Sandstrände und idyllische Fischerdörfer gesehen, wie am Fischerweg. Wem trotzdem das Pilgerfeeling fehlt, der könnte, so wie ich 2023, anschließend am Tejo-Weg von Lissabon nach Fatima pilgern. Hier gibt es keine überfüllten Herbergen, die Wegführung ist drei Tage lang direkt am mächtigen Tejo-Fluss entlang und man hat sehr oft das Gefühl, man sei immer noch am Meer unterwegs. Danach geht es durch eine wunderschöne Landschaft, bis man nach ca 150 km den bekanntesten Marienwallfahrtsort Portugals, Fatima, erreicht.


Pilgertipp 3) VORBEREITUNG UND TRAINING

Ich bin kein allzu großer Trainierer, aber ich versuche, neben längeren Spaziergängen von 10 bis 15 km am Wochenende auch in meinem Alltag so viel als möglich zu Fuß zu gehen. Ich habe das Glück, dass mein Büro nur etwas mehr als 3 km entfernt ist, die Strecke am frühen Morgen ist eine ideale Vorbereitung auf den Tag. Am Nachhauseweg kann ich die Büroarbeit nochmal Revue passieren lassen und wenn ich dann daheim angelangt bin, lege ich die Arbeit auch gedanklich zur Seite. Es funktioniert natürlich nicht immer und ich marschiere auch nur ein paar Mal im Monat zu Fuß in meine Firma, aber ich merke, wie gut mir diese Spaziergänge tun und ich glaube, dass man auch dadurch eine gewisse Grundkondition aufbauen kann.

Wenn dann wieder ein Jakobsweg ansteht, dann absolviere ich in der Zeit davor zwei, drei längere Wanderungen von ungefähr 20 km, die letzte davon mit gepacktem Rucksack. Das war’s – so richtig fit werde ich immer erst am Weg. Höchst wahrscheinlich könnte man sich durch eine intensivere Vorbereitung einige der Schmerzen, die ich in Tipp 1 beschrieben habe, ersparen, aber ich schaffe es einfach nicht, mich öfter aufzuraffen und zu trainieren – zeitlich nicht, aber auch nicht mental. Am Weg heißt es dann sowieso Gehen, Gehen, Gehen – da bleibt mir dann sowieso nichts anderes über. Und ich habe für mich in meinen 2.500 Pilgerkilometern rausgefunden, dass durch das lange Marschieren die Bänder und Gelenke geschmiert werden und mit jedem Tag die Schmerzen weniger werden. Bis man irgendwann mal völlig schmerzfrei förmlich durch die Gegend „fliegt“ und man das Pilgern und Weitwandern noch mehr genießen kann.

Ich möchte aber auch eine kleine Warnung aussprechen: wer gesundheitliche Probleme hat, sollte eine Wanderung über mehrere Tage oder Wochen unbedingt mit seinem Arzt absprechen. Die oftmals sehr heißen Temperaturen und die ungewohnte Anstrengung auf langen Etappen können eine große Belastung für Herz und Kreislauf darstellen und daher sollte unbedingt vorher abgeklärt werden, ob und in welchem Ausmaß man einen Weitwanderweg in Angriff nehmen sollte. Es sollen ja alle wieder gesund und erholt zurückkommen!


Tipp 4) BELADUNG UND ANTRIEB
(Rucksack, Wanderstöcke)

Der Rucksack sollte nicht schwerer sein als 10 % des Körpergewichts. In einschlägigen Foren gibt es regelrechte Challenges, wer mit noch weniger Gewicht auskommt, da ist die Rede von 2,5 bis 3 Kilo und es wird jede gelesene Seite eines Pilgerführers rausgerissen, um noch mehr Gewicht zu sparen. Ich mach da nicht mit, für mich ist viel wichtiger, dass man einen Qualitätsrucksack mit gutem, breiten Hüftgurt nimmt. Bitte unbedingt im Fachhandel auf die Körpergröße anpassen lassen, damit das Gewicht des Rucksacks auf Schultern und Hüften gleichmäßig verteilt wird.

Im Internet findet man unzählige Vorschläge für Packlisten. Man braucht für eine wochenlange Weitwanderung nicht mehr als für eine Dreitagestour. Wichtig ist ein Reisewaschmittel, mit dem man seine Wanderkleidung wieder „entmuffeln“ kann. Meine Wandersachen bestehen aus zwei langen und zwei kurzen Wanderleiberln, eine Fleece- und eine Regenjacke, dazu eine abzippbare Wanderhose, eine „elegante“ Trainingshose für den Abend (ggf. auch als Pyjamahose für kältere Nächte geeignet), drei Unterhosen, zwei Paar Wandersocken, Trekking-Sandalen zum Ausgehen (aber auch ev. für die Dusche), eine Regenüberhose, die auch genutzt werden kann, wenn man durch dorniges Gestrüpp marschieren muss, und einen breitkrämpigen Wanderhut, der bei Sonne, aber auch bei leichtem Regen sehr hilfreich ist. Dazu Sonnencreme, Hirschtalg, Schmerzcreme – alles in kleinen Packungen weil es in Spanien und Portugal in beinahe jedem kleinen Ort eine Apotheke oder einen Supermarkt gibt. Natürlich sollte man ev. verschriebene Medikamente nicht vergessen und alles, was man im Bad so braucht – zum Waschen, Zähneputzen und zum Rasieren. Und auch ein Deo hat sich oft bewährt. Leukoplast zum vorbeugenden Abpicken von Druckstellen, Blasenpflaster und ein kleines 1. Hilfe-Set gehören ebenfalls unbedingt dazu. Sehr wichtig sind Magnesiumtabletten, die man im Wasser auflösen kann und die den Körper mit wichtigen Spurenelementen versorgen. Für plötzlich auftretende Krämpfe habe ich immer Magnesium-Shots dabei, die relativ rasch wirken.

Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass man den Rucksack meist nach ein paar Tagen gar nicht mehr spürt. Und wer mehr mitnehmen möchte, kann sich ja vor Beginn der Pilgerschaft einfach mehr rauffuttern, dann kann man die 10 %-Regelung vielleicht besser einhalten 😊

Ich marschiere immer mit einer Bauchtasche. Da habe ich links und rechts Platz für kleine Wasserflaschen, in das Innenfach gehört unbedingt Sonnencreme und eine Notration an Müsliriegeln, Nüssen und ev. auch Süßigkeiten, auch meine Brieftasche mit Personalausweis und Bankomatkarte habe hier immer griffbereit, und selbst meinen Wanderhut kann ich ggf. dort verstauen, wenn ich ihn mal nicht brauche.

Ich würde niemals mehr ohne meine beiden Trekkingstöcke losmarschieren. Bergauf sind sie ein zusätzliches Antriebsmittel und bergab entlasten sie den Körper. Manche Pilger schwören auf einen Pilgerstab, den sie vielleicht auch noch selbst aus dem Wald geschnitten haben. Für mich wäre das nichts, ich fürchte, durch die einseitige Belastung beim Stockeinsatz würde ich in kürzester Zeit ziemlich windschief daherkommen.
Zwei Wanderstöcke geben auch Halt auf unebenen Strecken, vor allem auf den tiefen Sandstrecken am Fischerweg waren sie äußerst hilfreich. Auch wenn sie nicht verhindern konnten, dass ich einen Bauchfleck de luxe hinlegte, als sich meine Schuhe in einer Wurzel verfingen und ich heute noch nicht sicher bin, ob nicht im seismographischen Institut in Lissabon ein leichtes Erdbeben verzeichnet wurde.


Pilgertipp 5) DAS BODEN-SETTING
(Wanderschuhe, Socken, Blasenvermeidung)

Ich kaufe meine Wanderschuhe immer 2 Nummern größer. Die 49er-Schuhe sehen bei mir dann manchmal aus, als wäre ich mit Flossen unterwegs, aber es hat einen Grund: die Füße schwellen beim Gehen an und irgendwann wird es ziemlich eng in den Wanderschuhen. Wichtig ist, dass man bei Bergabstrecken die Schuhbänder fester schnürt, damit man mit den Zehen vorne nicht anstößt und sich eine Zehennagellackierung in Schwarz einfängt. Und – niemals mit gerade neu gekauften Schuhen auf eine Pilgerschaft starten. Die Wanderschuhe sollten zuvor auf längeren Strecken „eingegangen“ werden, um sie etwas weicher und fußfreundlicher zu machen.

Bezüglich der Wandersocken habe ich einen vielleicht etwas unhygienischen, aber bei mir gut funktionierenden Tipp: wichtig ist, die Socken länger nicht zu waschen. Die Waschmittel können die vom Pilgern ohnehin schon lädierten Füße zusätzlich beleidigen und das Endergebnis könnten Blasen all over the Fuß sein. Ich habe einen Pilger getroffen, der mir erzählt hat, dass er mehr Geld für Blasenpflaster als für die Flüge nach Spanien ausgegeben hat.

Ich beginne schon Monate vor dem Start mit dem hemmungslosen Schmieren von Hirschtalg auf Fersen und Zehen. Das zusammen mit den nicht gewaschenen Socken ist vielleicht ein Grund dafür, dass ich bei meinen ersten 1.100 km von Blasen aller Art verschont wurde, Und ich kann alle beruhigen – nach 3 Tagen haben die Wandersocken das Stinkmaximum erreicht, ärger wird es nicht mehr. Oder man riecht es nimmer, weil die Nasenschleimhäute langsam den Geist aufgeben.

Sollte doch eine Blase entstanden sein, dann bin ich in der Fraktion „Aufstechen – Desinfizieren – normales Pflaster drauf!“ Aber da gibt es unterschiedlichste Meinungen, viele schwören auf Blasenpflaster und würden unter keinen Umständen eine Blase aufstechen. Manche ziehen eine Nadel mit einem Bindfaden durch, damit die Flüssigkeit abrinnen kann. Ich fürchte, es muss jeder für sich rausfinden, welche Möglichkeit die beste für sein Blasendesaster ist.


Pilgertipp 6) ENDLICH AM WEG!
(Pilgerpass, Verständigung, Verpflegung, Herbergsleben)

Am Ende eines Jakobsweges erhält man im Pilgerbüro von Santiago de Compostela eine Urkunde, die sogenannte Compostela. Dazu muss man mit Stempeln in einem Pilgerpass nachweisen, dass man zumindest die letzten 100 km (Fahrradpilger 200 km) auch wirklich zu Fuß zurückgelegt hat. Es gibt viele Stellen, wo man diesen Pilgerpass bestellen kann, ich zum Beispiel mache das gegen eine kleine Spende auf der Seite der Wiener Jakobswege.

Die Stempel bekommt man in den Herbergen am Weg, aber auch in Kirchen, Gemeindeämtern und Hotels. Auf den letzten 100 km sollte man mindestens 2 Stempeln pro Tag nachweisen können, damit man die Compostela ausgestellt bekommt.

Verständigungsschwierigkeiten hatte ich noch nie auf meinen Wegen. Ich habe über das Internet ein paar Brocken Spanisch und Portugiesisch gelernt, aber viel mehr als „Guten Tag“, „Bitte“, „Danke“ und ein Bier bestellen ist nicht hängengeblieben. Trotzdem hat das in vielen Situation sehr gut geholfen, weil die Einheimischen gespürt haben, dass man sich ein bisschen mit dem Land und der Sprache auseinandergesetzt hat. Mit etwas Englisch kommt man eigentlich überall durch, sonst sollte eigentlich auch ganz viel „Körpersprache“ und Freundlichkeit genügen.

Man sollte nicht vergessen, dass es sich bei Spanien und Portugal um zivilisierte Länder handelt und man z.B. fast überall Taxis rufen kann (ev. vorbeugend die lokalen Nummern nachfragen und im Handy speichern), wenn man mal eine zu lange Etappe geplant hat. Sollte jemand am Weg gesundheitliche Probleme haben, dann gibt es auch hier die Notrufnummer 112. Unbedingt empfehlen möchte ich das Facebook-Forum von Anne Chantal, dem Engel der portugiesischen Jakobswege. Sie und ihr Team ist Tag und Nacht im Einsatz, um Pilgern zu helfen. Schon in der Vorbereitungszeit war dieses Forum stets meine erste Ansprechstation, weil es dort für alle Jakobswege eine Menge Informationen wie Wegführungen, Herbergslisten usw. gibt. Sollte jemand während seines Weges Hilfe benötigen, so setzt Anne all ihre unzähligen Kontakte in Bewegung, um z.B. ein Ersatzquartier oder ärztliche Betreuung zu organisieren.

Bezüglich Verpflegung auf den Wanderungen – hier sollte man sich jeden Tag im Vorhinein informieren, ob es am Weg Möglichkeiten gibt, etwas zu Essen zu kaufen. Ich habe für diese Fälle immer eine Ration an Müsliriegeln und Trockenfutter dabei, mit denen ich es immer noch geschafft habe, bis zum Etappenende durchzuhalten. Ganz WICHTIG ist aber WASSER! Auf manchen Etappen auf der historischen Variante der Rota Vicentina in Südportugal, wo es im Landesinneren 35 Grad hatte, habe ich 6 bis 9 Liter Wasser in mich hineingeschüttet. Ich habe seither meist zusätzlich zu meinen beiden ½-Literflaschen in der Bauchtasche noch zwei 1-Literflaschen im Rucksack dabei, manchmal auch mehr. Ich habe genug Reserven, um ohne Essen auszukommen, aber Trinken ist lebenswichtig!!! In das Wasser gebe ich oft Magnesiumtabletten rein, es gibt in den Apotheken auch eigene Mischungen mit Spurenelementen, die der Körper bei Anstrengung und Hitze braucht.

Wenn man nach einer anstrengenden Etappe sein Tagesziel erreicht, fällt man – manchmal sogar noch vor einer einer erfrischenden Dusche – todmüde ins Bett. Dieses Bett kann auch ein Stockwerk haben und in einer Herberge stehen, Reih‘ in Reih‘ mit vielen anderen Betten, die alle von erschöpften Pilgern belegt sind. In manchen Albergues, wie diese Pilgerschlafstätten auf Spanisch heißen (auf Portugiesisch sind es einfach Hostels), gibt es auch 2- oder 4-Bettzimmer, wo etwas mehr Privatsphäre möglich ist. Viele schwören darauf, in Herbergen zu übernachten, weil man dort das gemeinsame Pilgerleben in all seinen Facetten erfahren kann. Man kommt in Kontakt mit Gleichgesinnten, kocht und isst miteinander, singt gemeinsam – und schläft und schnarcht zusammen. Wenn man einen Terrorschnarcher in seinem Schlafsaal hat, kann eine Nacht auch ganz schön ungemütlich werden. Viele der Herbergen kann man nicht vorreservieren, daher starten – vor allem am Camino France – viele Pilger schon in aller Herrgottsfrüh, um rechtzeitig die Tagesetappe beenden zu können und eine Bett zu bekommen. Viele Herbergen werden auf Spendenbasis geführt, da manche der Quartiere auch Frühstück anbieten, sind 20 bis 30 Euro ein üblicher Betrag für eine Übernachtung.

Es spricht aber auch nichts dagegen, wenn man in Pensionen oder in Hotels übernachtet. Ich bin auf meinem Trilho das Areias nach 40 km abgekämpft und verstunken ins Marriot marschiert und habe dort gefragt, ob es zufällig ein kleines Kammerl für einen „Peregrino de Santiago“ gibt. Und wirklich – Frechheit siegt – von vier Versuchen habe ich es dreimal geschafft, in einem Hotel der Luxusklasse ein Zimmer anstatt um 150 um 50 Euro zu ergattern. Die Hotelangestellten wollten mir unbedingt helfen auf meinem Pilgerweg und so konnte ich mir statt in einer manchmal doch etwas versifften Herbergsdusche in einem Luxusbadezimmer den Schweiß vom Körper waschen und auch in einer Badewanne eine halbe Stunde dahindösen. Alles ist also möglich, auch Pilger werden toleranter. Auch wenn es immer noch welche gibt, für die ein Pilger am besten kniend nach Santiago rutschen sollte und auf jede Annehmlichkeit verzichten müsste. Aber die werden zum Glück immer weniger. Ich denke, dem Herrgott wird das ziemlich egal sein. Und Körper und Seele tut das Wandern einfach gut – und das ist die Hauptsache.


Pilgertipp 7) ANGEKOMMEN!
Was dann?

Wer bis zum Ende eines Pilgerweges durchhält, wird belohnt durch ein berauschendes Gefühl von Stolz, Demut und Dankbarkeit. Tränen sind da an der Tagesordnung, man findet sich inmitten von hunderten Gleichgesinnten wider, die alle den selben Gesichtsausdruck haben: erschöpft, aber unendlich glücklich.

Mittags um 12 Uhr und abends um 19:30 Uhr wird in Santiago de Compostela die Pilgermesse gefeiert. Auch in Fatima wird eine Pilgermesse zelebriert. Sie ist ein einmaliges Erlebnis, das einem wahrscheinlich ewig in Erinnerung bleiben wird. Zu besonderen Anlässen (oder wenn eine Gruppe eine entsprechende Spende hinterlässt), wird der Botafumeira geschwenkt. Dieses 1,60 m hohe und 54 kg schwere Weihrauchfass hängt an einem 66 m langen Seil und wird von 8 Messdienern in Bewegung gesetzt und durch das Kirchenschiff geschwungen. Angeblich wurde das schon im Mittelalter eingeführt, um den Gestank der Pilger erträglicher zu machen. Egal – dieser Botafumeira gehört auf jeden Fall zu den unvergesslichen Erlebnissen einer Pilgerschaft.

Am Tag der Ankunft sollte man auch in das Pilgerbüro marschieren und sich seine Compostela, seine Pilgerurkunde abholen. Früher gab es hier lange Schlangen, durch die neu eingeführte elektronische Voranmeldung werden heute mächtige Pilgermassen vor dem Pilgerbüro vermieden. In Fatima erhält man leider keine Urkunden, aber der Stempel im Pilgerbüro ist besonders schön und bildet einen großartigen Abschluss im Pilgerpass.

Ja – und dann – dann sollte man das Gefühl des Ankommens genießen. Die meisten Pilgerziele haben einen eindrucksvollen mittelalterlichen Stadtkern, es gibt enge Gässchen, verträumte Plätze und hunderte Lokale, um seinen Jakobsweg zu feiern. Man kommt unweigerlich mit anderen Pilgern ins Gespräch, weil es meist ziemlich voll ist. Aber man kann doch auch Plätze und Bars finden, wo weniger los ist.

Irgendwann geht es wieder zurück nach Hause. Aber der Weg ist dann nicht zu Ende. Die Erlebnisse und Eindrücke eines Pilgerwegs wirken lange nach. Wenn man nur einen kleinen Anteil der Gelassenheit und des Gottvertrauens, das man am Weg gespürt hat, mit in den Alltag nehmen kann, dann hat sich dieses Abenteuer doppelt gelohnt. In diesem Sinne:

BUEN CAMINO!

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